Gymnasiet, Köttbullar und Bamba

Geweckt von einer sehr erfrischenden Kälte machten wir uns mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auf zu unserem ersten Schulbesuch am Katherinelundgymnasiet, eine Schule die neben hauptsächlich allgemeinbildenden Bildungsgängen sportliche aber auch pflegerische Schwerpunkte im Rahmen von Bildungsprogrammen anbietet. Von 8-15 Uhr lernten wir die unterschiedlichsten Klassen, Lehrer und Bildungsgänge des Gymnasiums kennen. Hier schildern wir Euch unsere Eindrücke von einem durch und durch gelungenem Tag:

Lugn som en filbunke
Wörtlich übersetzt: Ruhig wie ein Sauermilchbehälter
Wir berichten hier natürlich nicht nur von unseren Erlebnissen und Eindrücken, sondern haben ja auch einen Bildungsauftrag für das Publikum daheim. Dieses schwedische Sprichwort traf für mich heute ganz besonders zu. Selten durfte ich eine so entspannte Atmophäre an einer Schule erleben. Mit einer entwaffnenden Freundlichkeit wurden wir im Lehrerkollegium mit einer großen Selbstverständlichkeit aufgenommen und mit herzlicher Manier in jeden einzelnen Unterricht sprachlich wie auch fachlich integriert. Auch das Miteinander an der Schule war zu jeder Zeit aufgeschlossen, freundlich und locker. Die an Gleitzeiten anmutende Pausenregelung regulierte den Lärm nach dem Unterricht im Schulgebäude auf ein auch für empfindliche Hörorgane angenehmes Niveau. Auch wenn das schwedische Schulsystem vor ähnlichen Herausforderungen steht wie ihr deutsches Pendant (u.a. Lehrermangel, Inklusion und chronischer Unterfinanzierung) wird Schule hier ganz anders gedacht. Die Schüler*innen werden zu einem großen Teil mit ausgezahltem Schulgeld, gestellten Lehrmitteln (PC, Sachbüchern usw.), kostenlosem Mittagessen und kurzen Unterrichtszeiten von ca. 70 Minuten entlastet. Anderseits wird eine große Selbstständigkeit von den Schüler*innen erwartet und (erstaunlicherweise!) auch gelebt. Die selbstständige Vokabelarbeit würde die Herzfrequenz eines jeden Englischlehrers vor euphorischer Begeisterung mindestens verdoppeln.
Und mit einer ebenso großen Gelassenheit wurde mir heute die unschlagbare Popularität heimischer Köttbullar geduldig erklärt. Auf meine Frage, ob Köttbullar nicht nur ein touristischer Ikea-Trick seien, wurde ich mit ungläubigen Blicken gestraft und ich habe mich auf der Stelle gebührend geschämt. Natürlich werden Köttbullar oder wie man sie richtig ausspricht Schöttbullaaaaaa zu jeder Gelegenheit gegessen. Weihnachten darf es dann gern etwas edler werden. Dann werden im feierlichen Beisammensein Köttbullar aus Elchfleisch gegessen.
Und jetzt alle: Schöttbulaaaaaaaaaa
Ein Beitrag von Lisa Geßner

Flexible Timeslots und Hotels für die Lieblinge
Ein ganzer Tag gefüllt mit fesselnden Informationen und neuen Eindrücken … „Was davon ist mir am meisten in Erinnerung geblieben?“ Hm, eine große Überraschung war für mich die Einteilung des Unterrichts in flexiblen Timeslots. Irgendwann zwischen 10-12 Uhr soll z. B. die 3. und 4. Stunde stattfinden. Aber wann genau entscheiden die Lehrkräfte mit ihren Schüler*Innen selbst. So ergeben sich gemeinsame Planungen des Unterrichts mit den Klassen und individuelle Pausenzeiten, welche sogar den Ansturm auf die Mensa entspannen und ja richtig, eine Schulklingel überflüssig machen.
Und dann möchte ich gerne noch die Handy-Hotels erwähnen. Ein wundervoller Ort der Sicherheit und Ruhe für den wertvollsten Besitz eines jeden Lernenden. Säuberlich sortiert und gut verpackt können die Lieblinge keinem unaufmerksamen Moment Ihrer Herrchen und Frauchen zum Opfer fallen. Kurz gesagt, zu Beginn jeder Stunde werden alle Handys der Schüler*Innen unaufgefordert in spezielle Aufbewahrungsbehälter abgelegt und können nach Stundenschluss wieder abgeholt werden. So einfach und doch noch nie ausprobiert.
Ein Beitrag von Sonja Stadler

Typisk tysk?!
Morgens halb zehn in Schweden. Nein, da essen wir nicht mehr (Frühstück gab es schon um 6 Uhr). Stattdessen finden wir uns im Klassenzimmer eines sehr zentral gelegenen Gymnasiums wieder. Deutschunterricht. Ein Traum einer jeden Fremdsprachenlehrer*in wird wahr: Es gibt einen ganz realen Kommunikationsanlass! Härlig! So sitze ich mit einer Gruppe von vier 16-Jährigen zusammen, die mich viel über meine Person und Deutschland fragen. Woher kommst Du…ehm, Sie? Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Was ist das Lieblingsessen der Deutschen? Warum sind Sie in Göteborg? Innerlich schmunzelnd stelle ich mir vor, wie schwierig es den Schülern fällt, die zweite Person in der Höflichkeitsform zu verwenden. Wahrscheinlich so, als würden wir heute „Euer Hochwürden“ als Ansprache im Deutschen verwenden. Auch die Lehrerin Sandra sagte später noch, dass sie sich ohne Ansprache mit dem schwedischen Du sehr unwohl fühlen würde. Der Kontext ist dabei wirklich egal. Kommen wir aber zurück zu den Protagonisten: den vier Schülern. Im Verlauf des gemeinsamen Gesprächs nutze ich die Chance, auch selbst Fragen an die noch nie außerhalb Schwedens gewesenen Jungs zu stellen. „Angenommen, Ihr seid in Deutschland. Welchen Charakter erwartet Ihr: Was kennzeichnet die Deutschen?“ „Glücklich“, schoss es aus Adam direkt heraus. Ich war erstaunt. „Glücklich? Warum meinst Du sind die Deutschen so glücklich?“ „Naturlik“, antwortete er mit sympathischem schwedischen Akzent, „wenn man lebt in einem so schönen Land. Da kann man nur glücklich sein.“ Glücklichsein als typisk tysk?! Lasst uns damit anfangen. Wenn Adam und seine Klassenkameraden eines Tages nach Deutschland kommen, sollen sie sich anschauen können und er soll sagen können „Seht Ihr, ich hatte Recht damals, als die deutsche Lehrerin uns gefragt hatte.“
Ein Beitrag von Wiebke Fischer

It was a great and awesome day again.
We learnt a lot in the Kathrinlundschool and enjoyed the time with the colleagues. Teaching a language is so interesting and an exchange such a big privilege. I really enjoyed the openminded setting of the teachers and the students. My English is not perfect, but everybody is mindful to understand me. And how do you wanna learn if you make no mistake? (that’s why I write my article in English-excuse that, English colleagues! and all professional speakers!! )
If you are a student in sweden and be late, you have to knock on the closed door and have to wait. But if the teacher opens the door, you are welcome to an lesson with a friendly atmosphere. That’s what we watched today. 
Connecting to Swedish people is a real privilege. It’s not normal in Germany to hug your guest in school after visiting. 
But it feels like you are welcome.

Emoji

We should take these two guys as rolemodels: (https://www.youtube.com/watch?v=nDQezECAxtQ)
Toddler Besties Share Huge Hug on Sidewalk
Ein Beitrag von Johann Zühlke

Tack för det, Katrinelund! – Danke dafür, Katrinelund!
Über den heutigen Tag könnte man im Grunde einen Roman schreiben. Viele Einblicke in unterschiedlichste Bereiche. So vieles ähnlich, und doch so vieles anders! Durch die Korridore mit Schließfächern, die einer typsichen American Highschool gleichen, führten uns die hoch engagierten Lehrkräfte vom Katrinelundgymnasium von Unterricht zu Unterricht, von Meeting zu Meeting. Alles perfekt organisiert von Sandra Malmqvist – unserer Hauptkontaktperson vor Ort, die wir mit unseren viele Fragen den Bauch löchern durften. Für die Schüler*innen sind Papier und Stift seltene Begleiter. Das bereitgestellte Schulnotebook ist jedoch stets zur Hand. Sweden goes digital! Hier notieren die Schüler*innen, ein bisschen wie in der Uni, für sich selbstständig fleißig ihre Notizen und laden Beiträge und Texte in eine Art Lern-Cloud. Für neue Schulbücher, die immer noch Teil des Unterrichts sind, bleibt aufgrund der Notebookoffensive meist kein Geld, sagte man uns. Begeistert hat vor allem das sehr gute Englisch der Schüler*innen (ein Traum für jede Englischlehrkraft und pragmatisch gesehen extrem praktisch für unseren intensiven Austausch mit den Schülern!). Der preisgekrönte Lunch in der Cafeteria (die Götheborger sagen Bamba) rundete unseren erlebnisreichen Tag kulinarisch ab. Danke dafür, Katrinelund! Tack för det!
Ein Beitrag von Jennifer Kühl

Nach dem durchaus lohnenden wie auch anstrengenden Besuch im Katherinelundgymnasiet benötigten wir eine entsprechende Auslöschungsphase, welche in einer ausgiebigen City-Tour mündete. Göteborg entfaltet auf den Straßen mit seinen Cafés, Boutiquen im Hygge-Schick und liebevoll angelegten Grünflächen eine stadteigene Gelassenheit. Zum Abschluss ein paar tolle Impressionen, bevor wir mit freudiger Erwartung auf den nächsten Tag in die Betten hüpfen.

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